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Ursprung des antarktischen „Blutwasserfalls“ gelöst

Geschrieben von Dr. Michael Wenger am . Veröffentlicht in Forschung & Umwelt.

Die Blood Falls, ein Wasserfall in den Dry Valleys der Ostantarktis, hatte vor einiger Zeit für Aufsehen gesorgt, als Forscher mikrobielles Leben im roten Wasser gefunden hatten. Doch der Ursprung dieses einzigartigen Salzwassers, das seine Färbung aus Eisenoxid erhält, war bisher in den Weiten der antarktischen Gletscherwelt verborgen geblieben. Nun haben Forscher der Universitäten Fairbanks Alaska, Kalifornien, Tennessee und Ohio den Ursprung zurückverfolgt und fanden einen riesigen See unter dem Eispanzer.

Die Blutfälle liegen im Taylor Valley, einem der Täler der Dry Valleys in der Ostantarktis. Obwohl die Region zu den trockensten der Welt gehört, schiesst flüssiges Wasser aus dem Gletscher. Das Geheimnis: enorm hohe Salzkonzentrationen und Eisenoxide, die dem Wasser die charakteristische Färbung geben. Bild: Peter Rejcek
Die Blutfälle liegen im Taylor Valley, einem der Täler der Dry Valleys in der Ostantarktis. Obwohl die Region zu den trockensten der Welt gehört, schiesst flüssiges Wasser aus dem Gletscher. Das Geheimnis: enorm hohe Salzkonzentrationen und Eisenoxide, die dem Wasser die charakteristische Färbung geben. Bild: Peter Rejcek

In einem der Trockentäler der Ostantarktis, dem Taylor Valley, befindet sich eine einzigartige Wasserquelle unter dem Eis: Ein blutroter See, dessen salz- und eisenoxidhaltiges Wasser am Ende des Taylor-Gletschers wie ein Blutschwall aus einer Arterie hervorschiesst und ein surreales Bild bietet. Als der australische Forscher Griffiths Taylor 1911 die Wasserfälle entdeckt hatte, dachten sie an Algen als Quelle der Färbung. Erst viele Jahrzehnte später entdeckten Wissenschaftler, dass die Farbe von Eisenoxid herrührt und das Wasser sehr salzhaltig ist. Im Wasser selbst wurden Hinweise auf Mikroben, vor allem Bakterien, gefunden, die auf ein grösseres Reservoir schliessen liessen. Doch der Ursprung des Wassers war bisher ein Geheimnis geblieben. „Wir wussten nicht, wie sich das Salzwasser seinen Weg durch den Gletscher bahnt“, erklärte Professor Erin Pettit, Professorin für Geophysik und Glaziologie an der Universität Fairbanks Alaska. Direkt an der Basis des Gletschers konnte er nicht liegen, da das Wasser von oben aus dem Gletscher trat und hinunter in den Bonney-See, eine meist gefrorene Oberfläche, mündet. Der Ort musste also weiter hinten liegen.

Dieser schematische Querschnitt der Blutfälle zeigt, wie subglaziale mikrobielle Gemeinschaften in Kälte, Dunkelheit und Abwesenheit von Sauerstoff für eine Million Jahre in Salzwasser unter dem Taylor Gletscher überlebten. Braun: Mikrobengemeinschaft, weiss: Gletscherbedingungen, grün: Wasser. Bild: US National Science Foundation
Dieser schematische Querschnitt der Blutfälle zeigt, wie subglaziale mikrobielle Gemeinschaften in Kälte, Dunkelheit und Abwesenheit von Sauerstoff für eine Million Jahre in Salzwasser unter dem Taylor Gletscher überlebten. Braun: Mikrobengemeinschaft, weiss: Gletscherbedingungen, grün: Wasser. Bild: US National Science Foundation

Das Forschungsteam begann, Transekte über den Gletscher zu legen und mit Hilfe von Radiowellensensoren dem Lauf des Wassers zu folgen. Dabei wurden Impulse durch das Eis gesendet und je nach Beschaffenheit des darunterliegenden Materials zurückgeworfen oder gestreut. Im Falle der dickflüssigen Salzlake wurden die Wellen gestreut und die Wissenschaftler konnten Stück für Stück den Lauf zurückverfolgen. Sie entdeckten einen hochsalzigen See, der unter dem Gletscher liegt und im Laufe der Zeit das Eisen aus dem Boden wäscht. Die rotgefärbte Salzlake wird durch den Druck des Gletschers nach oben gepresst und fliesst durch Ritzen und Spalten in Richtung Zunge. Dass das Wasser dabei nicht gefriert, liegt zum einen an der hohen Salzkonzentration, zum anderen an der Abgabe von latenter Wärme, die bei Gefrierprozessen normalerweise entsteht und am hohen Druck durch den Gletscher selbst. „Das Salzwasser im Kanal steht unter sehr hohem Druck“, erklärte Pettit. „Auch wenn es nicht immer oben aus dem Gletscher spritzt, sitzt die Lake als Matsch unter hohem Druck in den Kanälen und Ritzen.“ Ein anderes Team und eine Bohrcrew bestätigten die Existenz des Sees in diesem Jahr indem sie an der angegebenen Stelle durch das Eis bohrten: Aus dem Loch sprudelte blutrotes Wasser. Die im Wasser lebenden Organismen selber müssen also ohne Sauerstoff und ohne Licht auskommen, in einer Umgebung geprägt durch Salz, Eisen, Kälte und hohen Druck. Diese Entdeckung wiederum treibt die Vermutung an, dass auch unter extremsten Bedingungen, etwa auf anderen Planeten, Leben möglich sein kann. Der Beweis dieser Vermutung wird jedoch noch lange ausstehen. Bis dahin werden Wissenschaftler sich weiter mit den Geheimnissen der Antarktis begnügen müssen.

Die salzhaltige, matschige Lake wird durch den Druck durch den Gletscher getrieben, bis sie als Wasserfall an der Oberkante austritt und hinunterfliesst. Die Grafik zeigt die Kanäle, die mithilfe der Radiowellen, entdeckt wurden. Bild: Badgeley et al.
Die salzhaltige, matschige Lake wird durch den Druck durch den Gletscher getrieben, bis sie als Wasserfall an der Oberkante austritt und hinunterfliesst. Die Grafik zeigt die Kanäle, die mithilfe der Radiowellen, entdeckt wurden. Bild: Badgeley et al.

Quelle: Motherboard.vice.com / Forbes / University of Fairbanks Alaska