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Ältestes bekanntes Eis erlaubt Einblicke in die Erdvergangenheit

Geschrieben von Dr. Michael Wenger am . Veröffentlicht in Forschung & Umwelt.

Wissenschaftler haben einen Bohrkern aus der Ostantarktis vorgestellt, der 2.7 Millionen Jahre altes Eis enthält. Gasblasen im Eis enthalten Treibhausgase aus der Erdatmosphäre aus einer Zeit, als die Gletscher gerade erst begannen, sich vorzuschieben und zurückzuziehen. Dadurch hat der Kern das Potential für die Erforschung der Mechanismen, die zu Eiszeiten führen können. Dies macht den Kern zur einzigen Probe aus dieser wichtigen Ära.

Das Eis wurde auf dem Grundgestein der Allan Hills gefunden, einem Abschnitt des Transantarktischen Gebirges, welches Antarktika in einen West- und einen Ostteiil trennt. Bild: Yuzhen Yan, Princeton Universität
Das Eis wurde auf dem Grundgestein der Allan Hills gefunden, einem Abschnitt des Transantarktischen Gebirges, welches Antarktika in einen West- und einen Ostteiil trennt. Bild: Yuzhen Yan, Princeton Universität

Bis anhin war der älteste Eisnachweis ein Bohrkern aus dem Dome C. Mit seiner Hilfe konnten Forscher das Erdklima vor 800‘000 Jahren rekonstruieren. Gemäss Yuzhen Yan, einem Doktoranden von der Princeton Universität, wies der neue Bohrkern CO2-Mengen auf, die weit unter 300 ppm lagen, was viel niedriger als der heutige Wert ist. Sollten diese Werte nachvollziehbar sein, müssten Paläoklimatologen ihre Modelle zur Bestimmung der Eiszeitbildungsmechanismen revidieren. Die Entdeckung bietet auch die Gelegenheit, ein neues Gebiet auf der Suche nach sogenanntem „Blauen Eis“ zu untersuchen, eine Art „Heiliger Gral“ für Klimatologen und Geochemiker. Denn diese Art Eis enthält besonders altes Eis, da es seinen Ursprung in von Schmelzprozessen unbeeinträchtigten Orten hat, die bei normalen Gletschern am Boden und unter dem Grundgestein stattfinden. Eine Gruppe von Forschern unter der Führung der Universität Princeton untersuchte das Eis in den Allan Hills, einer Region des Transantarktischen Gebirges, wo das Eis über felsigen Untergrund fliesst und tiefliegende, alte Eismengen nahe an die Oberfläche bringt. In diesem Gebiet blasen kräftige Winde den Schnee und junges Eis weg und lassen die härteren Eisschichten aber unberührt.

Die Karte zeigt Gebiete, wo blaues Eis in der Antarktis liegt. Nur rund 1% des Kontinents weist solche Gebiete auf. Karte: Norwegian Polar Institute
Die Karte zeigt Gebiete, wo blaues Eis in der Antarktis liegt. Nur rund 1% des Kontinents weist solche Gebiete auf. Karte: Norwegian Polar Institute

Die traditionelle Weise, Eis zu datieren wird durch Verformungen bei solchem blauen Eis verhindert, aufgrund der Topographie und der Eisbewegung. Michael Bender, eine Geochemiker aus Princeton, löste das Problem durch die Entwicklung einer Methode, auch Spuren von Argon und Kaliumgasen zu quantifizieren. Diese Technik, die nicht so präzise wie die herkömmliche Methode ist, kann aber Eis bis auf 100‘000 Jahre genau datieren. Die Forschergruppe brauchte zwei Anläufe, um das Eis zu finden. 2010 wurde in einem ersten Anlauf in den Allan Hills Eis gefunden, das rund 1 Million Jahre alt ist und au einer Zeit stammte, als die Eiszeiten sich von ihrem 40‘000 Jahre Rhythmus auf einen 100‘000 Jahre Rhythmus änderten. Der zweite Anlauf 2015 sah das Team an derselben Stelle sich durch das restliche Eis bohren und man fand das älteste bekannte Eis. Obwohl nun Bestrebungen bestehen, an anderen Orten noch älteres Eis zu finden, wird dies eher unwahrscheinlich sein, Erfolg zu haben. „In diesem Sinn ist der Bohrkern aus den Allan Hills ein Unikat und wird zumindest für eine ganze Weile auch ein solches bleiben“, meint John Goodge, ein Geologe der Universität Minnesota. Doch das Team aus Princeton plant bereits, noch einmal zurückzukehren und noch älteres Eis zu finden und tiefer zu bohren. Es kann sein, dass ihre Suche von Erfolg gekrönt wird und sie bis zu 5 Millionen Jahre altes Eis finden könnten. Dies würde einen Blick auf eine Vergangenheit erlauben, als die Temperaturen wahrscheinlich so ähnlich waren wie diejenigen, auf die die Erde durch die menschlich induzierte Erwärmung zusteuert.

Quelle: Paul Voosen, Science Magazine