Skip to main content

Lake Ellsworth wird angebohrt

Geschrieben am . Veröffentlicht in Forschung & Umwelt.

Anfang November 2011 macht sich ein Expeditions-Team des «British Antarctic Survey» (BAS) auf den Weg zum ewigen Eis am Südpol. Geplant ist eine ehrgeizige Expedition in der Westantarktis. Ziel ist der Lake Ellsworth, einer von 387 bekannten unter dem Eispanzer liegenden subglazialer Seen.

Bohrung Lake Ellsworth
In einem ehrgeizigen Projekt und mit neuster Technik soll der Lake Ellsworth angebohrt werden.

Tief unter dem Eispanzer liegt eine verborgene Welt aus bisher 387 bekannten unterirdischen Seen. Einer von ihnen ist der Lake Ellsworth, welcher sich drei Kilometer unter dem Westantarktischen Eisschild befindet. Etwa zehn Kilometer lang und zwei bis drei Kilometer breit soll der Lake Ellsworth sein. Nun soll er von den britischen Forschern untersucht werden. Neuste Technik soll es schaffen. Eine Sonde wird mit heissem Wasser seinen Weg durch das Eis schmelzen und so die Oberfläche des Lake Ellsworth erreichen. Dort erhoffen sich die Wissenschaftler eine Sensation. Doch welche Geheimnisse sich in diesem unbekannten Lebensraum tatsächlich verbergen, ist bisher reine Spekulation. Der See dürfte nach Schätzungen bis zu einer Million Jahren von der Aussenwelt abgeschlossen sein. Das BAS erhofft sich unbekannte Lebensformen und Hinweise auf zukünftige Klimafolgen zu finden. «Wir wissen wirklich nicht, was wir dort zu erwarten haben», sagte Martin Siegert von der University of Edinburgh, einer der Leiter der Expedition.

Camp Lake Ellsworth
Das Britischen Lager «Deep Field» liegt direkt über dem Lake Ellsworth.

Ein Voraustrupp bestehend aus vier Ingenieuren des BAS haben sich auf die lange Reise von fast 16.000 km von Grossbritannien zum subglazialen Lake Ellsworth gemacht. Mit im Gepäck gut 70 Tonnen Ausrüstungsgegenstände. Der Programm-Manager Chris Hill meint: «Unsere Aufgabe ist es, den Weg für die Forschungs-Mission, die im nächsten Jahr stattfinden wird vorzubereiten. Im Oktober 2012 werden wir mit einem Team von 10 Wissenschaftlern und Ingenieuren zurückkehren, um eine drei Kilometer tiefe Bohrung durch das Eis mit «state-of-the-art» Warmwasser Bohrtechnik zu machen». Die ganze Operation wird, wenn alles planmässig verläuft etwa 3-4 Monate in Anspruch nehmen. Das Projekt lassen sich die Britten ca. 8 Millionen Euro kosten.

Lake Ellsworth - Martin Siegert
Mit einer Heisswasser-Bohrung möchten die Wissenschaftler vom Camp aus den 3 km dicken Eispanzer überwinden.

Diese Bohrtechnik in der Antarktis ist neu und es fehlt die Erfahrung unter Extrembedingungen die diffizile Aufgabe zu lösen. Erst neue technische Errungenschaften machen eine solche Bohrung überhaupt möglich. Vor allem in den Sedimentproben aus dem Grund des Sees hoffen die Forscher, auf einzigartige Mikroben zu stossen. «Aber es ist auch möglich, dass Viren oder andere komplexe Lebensformen dort existieren», sagt Martin Siegert. «Wir glauben aber nicht, dass wir vielzellige Organismen antreffen werden.»

Lake Ellsworth - Materialtransport
Mit «Twin Otter» Flugzeugen werden Ausrüstungsgegenstände nach «Deep Field» geliefert.

So funktioniert die neue Technik

Heisses Wasser wird durch einen 3,3 km langen Schlauch gepumpt und am Ende mit Düsen versprüht. Durch das 97º Cel. heisse Wasser entsteht ein glattes, gleichmässiges Loch von etwa 36 cm Durchmesser bis zur Oberfläche des Lake Ellsworth. Danach wird eine 5 m lange Sonde, bestückt mit 24 Probebehältern durch das Loch in den See abgesenkt um in verschiedenen Tiefen Wasserproben zu sammeln. Licht und eine HDV-Kamera sollen per Bild die geheimnisvolle Unterwasserwelt den Forschern näher bringen. Nachdem die Sonde Wasserproben gezogen hat, wird eine Kernbohrung durch das Bohrloch vom Seegrund Sedimente entnehmen. Der gesamte Prozess wird ein Wettlauf gegen die Zeit. Nach dem Erreichen des Sees, haben die Wissenschaftler schätzungsweise 24 Stunden Zeit um Proben zu nehmen, bevor das Bohrloch wieder zufriert.

Martin Siegert
Martin Siegert, seit vielen Jahren den subglazialen Seen auf der Spur.

Seit vielen Jahren untersucht Siegert die subglazialen Seen. Er und sein Team sind aber nicht die einzigen. Erst die Entdeckung des viel grösseren Lake Wostok durch die Russen brachte die Existenz von subglazialen Seen an die Öffentlichkeit. 1990 wurden die Arbeiten an der Wostok Forschungsstationen zur Gewinnung eines Eisbohrkernes für die Klimaforschung gestartet. Wie sich später herausstellte, befand sich die Bohrung genau über dem Lake Wostok. Die Bohrung wurde bis zu einer Tiefe von 3623 Metern geführt und erst im Januar 1998 aufgrund eines internationalen Abkommens etwa 130 m über dem See gestoppt, um eine Kontamination des Sees zu vermeiden. Bei der Analyse der Bohrkerne stellte sich heraus, dass die letzten 60 Meter vor dem Stopp kein Gletschereis mehr war, sondern aus gefrorenem Wasser des Lake Wostok besteht. Im Februar 2011 wollten die russischen Polarforscher den Durchstich schaffen, mussten aber ihre Expedition nur 29 Meter vor Erreichen des Lake Wostok wegen des eintretenden Winters vorerst ergebnislos unterbrechen. Im Südsommer 2011/12 wollen sie nun endgültig zum See vordringen. Auch die Amerikaner forschen in die gleiche Richtung und bereiten sich auf Bohrungen am Lake Whillans vor.

Subglaziale Seen

Quelle: BAS